Forschung zur empfundenen Luftqualität

Gerüche entstehen aus einer Vielzahl chemischer Substanzen und längst sind nicht alle Stoffe erfasst, die beim Menschen eine Geruchsempfindung auslösen. Bis zu 8000 unterschiedliche Substanzen können in der Raumluft nachgewiesen werden, jedoch kann mit einer quantitativen Bestimmung jedes Einzelstoffes keine Aussage über die Geruchswirkung einer beliebigen Kombination getroffen werden.

Wurde früher unter dem Begriff Luftqualität in erster Linie der Schadstoffgehalt erfasst, so hat sich heute in fast allen Anwendungsbereichen auch die empfundene Luftqualität etabliert, mit welcher ein Geruch im Raum beurteilt werden kann. Automobilkonzerne beschäftigen eigene Geruchslaboranten, um Geruchsquellen auf die Spur zu kommen. Umwelttechnische Labore untersuchen die Geruchsbelästigung durch Industrieanlagen und landwirtschaftliche Großbetriebe. Im deutschen und europäischen Normenwerk finden sich Verfahrensanweisungen und Mindestanforderungen zur Bewertung der empfundenen Luftqualität in der Außenluft jedoch nicht für die Innenraumluftqualität. Dennoch können starke Geruchs­belästigungen das Wohlbefinden beeinträchtigen und sich auch auf die Arbeitseffektivität auswirken.

Trotz der immer besseren Analysemöglichkeiten und der Entwicklung von Sensorsystemen, so genannten „künstlichen oder elektronischen Nasen“, gelingt es bis heute nicht, die menschliche Nase bei der Bestimmung der empfundenen Luftqualität zu ersetzen.

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts führte Max von Pettenkofer Unter­suchungen zur Luftqualität durch. Unter der Voraussetzung, dass durch Reinigung Geruchsquellen weitestgehend aus dem Raum geschafft werden, betrachtete er den Menschen als die alleinige Verunreinigungsquelle im Raum. So führte Pettenkofer den CO2-Gehalt der Raumluft als Indikator für die Verunreinigung durch Personen ein. CO2 ist geruchlos und vom Menschen nicht direkt wahrnehmbar.

Aus seinen Untersuchungen leitete Pettenkofer das Kriterium für die Luftqualität in Innenräumen ab. Er schlug vor, eine maximale Kohlendioxidkonzentration von 0,1 Vol. % bzw. 1000 ppm CO2 nicht zu überschreiten. Dieser Wert wird auch als Pettenkofer-Zahl bezeichnet und hat noch heute in der nationalen und internationalen Normung Bestand. Dabei ging er von einem Grundpegel in der Außenluft von 500 ppm CO2 aus.

Yaglou führte bei seinen Raumklimauntersuchungen von 1936/1937 erstmals eine subjektive Methode zur Bewertung der Raumluftqualität ein (Yaglou et al. 1936). Die Intensität der Luftprobe wurde durch untrainierte Probanden auf einer Skala von 0 bis 5 beurteilt. Seine Untersuchung war so aufgebaut, dass die Personen sofort nach Betreten des Raumes, also im unadaptierten Zustand, die Luftqualität bewerten sollten. Da jeder Mensch die Luftqualität anders beurteilt, müssen über eine statistische Auswertung der Unzufriedenheit der Nutzer Anhaltspunkte über die Qualität der Luft gefunden werden. Bei guter Luftqualität ist nur eine geringe Anzahl an Probanden unzufrieden, bei schlechter Luftqualität steigt diese Anzahl. Diese Art der Bewertung ist nicht einfach zu handhaben, da bei einer Gruppe untrainierter Probanden eine entsprechend große Anzahl an Probanden befragt werden muss, um statistisch abgesicherte Ergebnisse zu erhalten. Yaglou stellte aufgrund seiner Untersuchungen folgende Thesen auf (Yaglou und Witheridge 1937):

  • In einem dicht besetzten Raum wird eine höhere personenbezogene Lüftungsrate benötigt als in einem schwach besetzten Raum.
  • Von Raumnutzern ausgeatmetes Kohlendioxid ist kein geeignetes Merkmal für den Nachweis von Körpergeruch.
  • Körpergeruch ist sehr instabil.

Ole Fanger von der Universität von Dänemark in Kopenhagen führte 1988 zur Beurteilung zwei neue Maßeinheiten ein (Fanger 1988). Er ging bei seinen Überlegungen davon aus, dass eine Beurteilung der Innenraumluft am ehesten durch einen Besucher zu erzielen ist. Jemand der sich bereits im Raum befindet, ist aus seiner Sicht weniger geeignet, da er schon an die Raumluft adaptiert ist. Fanger arbeitete mit Probandengruppen, um individuell bedingte Beurteilungs­eigenheiten so weit wie möglich auszuschalten. Die Teilnehmer fällen die Bewertung unmittelbar nach Betreten des zu beurteilenden Raumes, wobei diese auf Fragebögen festgehalten werden. Neben der Fragestellung der Akzeptanz kann von den Probanden auch die Geruchsintensität und die Frische der Raumluft beurteilt werden.