Definitionen und Begriffe der thermischen Behaglichkeit

Thermische Behaglichkeit

Als thermische Behaglichkeit wird der Gemütszustand beschrieben, in dem der Mensch mit der thermischen Umgebung zufrieden ist. Die thermische Behaglichkeit kann wie das thermische Empfinden global für den gesamten Körper und lokal für einzelne Körperteile bestimmt werden. Die lokale Betrachtung ist vor allem für inhomogene Umgebungsbedingungen hilfreich, um mögliche Ursachen für ein thermisches Unbehagen zu identifizieren. Zusätzlich zum thermischen Empfinden, welches einen Zustand in kalt, warm oder neutral einteilt, ermöglicht die thermische Behaglichkeit eine direkte Bewertung in den Bereichen "nicht unbehaglich", "leicht unbehaglich", "unbehaglich" und "sehr unbehaglich" (DIN EN ISO 14505-3). 

Thermisches Empfinden

Das menschliche Wärmeempfinden hängt im Wesentlichen vom thermischen Gleichgewicht (Wärmebilanz) des Körpers als Ganzen ab. Dieses Gleichgewicht wird durch körperliche Tätigkeit und Bekleidung sowie durch die Parameter des Umgebungsklimas Lufttemperatur, mittlere Strahlungstemperatur, Luftgeschwindigkeit und Luftfeuchte beeinflusst. Zur Bewertung wird eine 7-stufige Skala genutzt, welche die Bereiche „kalt“, „kühl“, „etwas kühl“, „neutral“, „etwas warm“, „warm“ und „heiß“ abdeckt (DIN EN ISO 7730). Für Innenräume in Fahrzeugen können zudem extremere Umgebungsbedingungen auftreten, sodass diese Skala bei Bedarf im Randbereich um die Begriffe „sehr kalt“ und „äußerst kalt“ bzw. „sehr heiß“ und „äußerst heiß“ erweitert werden kann (DIN EN ISO 14505-3).  

Das thermische Empfinden einer betreffenden Person kann sowohl global für den gesamten Körper als auch lokal, für einzelne Körperteile angegeben werden. Die lokale Betrachtung kann vor allem bei inhomegenen Umgebungen hilfreich sein, um mögliche Ursachen für ein thermisches Unbehagen zu identifizieren.

Strahlungsasymmetrie

Unter Strahlungsasymmetrie versteht man eine Umgebung, deren Oberflächen unterschiedliche Temperaturen oder Emissionskoeffizienten aufweisen, so dass die betreffende Person an ihren Körperteilen unterschiedliche Strahlungstemperaturen wahrnimmt. Eine Bewertung der Strahlungsasymmetrie muss im Kontext der Gesamtumgebung erfolgen. So kann die Strahlung eines Kamins im Winter als angenehm wahrgenommen werden, während sie an einem warmen Sommertag als eher störend betrachtet wird. Vor allem Innenräumen mit einem hohen Anteil an transparenten Flächen, wie Gebäude mit großen Fensterflächen oder Fahrzeuge, weisen tendenziell hohe Strahlungsasymmetrien auf. 

Thermische Grundfaktoren

Es existieren sechs thermische Grundfaktoren, welche das menschliche thermische Empfinden maßgeblich beeinflussen. Dies sind der Bekleidungsgrad, die metabolische Rate, die Luftgeschwindigkeit, die Lufttemperatur, die Luftfeuchte und die mittlere Strahlungstemperatur (DIN EN ISO 7730). Im Laufe der Zeit wurden diese Faktoren um weitere Parameter zur Beschreibung und Vorhersage der thermischen Umgebung ergänzt. So haben beispielsweise die mittlere monatliche Außentemperatur, die thermische Historie, sowie individuelle Eigenschaften wie Alter, Geschlecht und Herkunft zusätzlichen Einfluss auf das Empfinden der thermischen Umgebung.

Luftfeuchte

Die Luftfeuchte wird als prozentuales Verhältnis des Wasserdampfpartialdruckes in der Luft zum Wasserdampfsättigungsdruck bei identischen Werten für Temperatur und Gesamtdruck angegeben. Die relative Luftfeuchte wird prozentual angegeben und ist dimensionslos.

Luftgeschwindigkeit

Die mittlere Luftgeschwindigkeit wird als zeitlicher Mittelwert des Höchstwertes des Geschwindigkeitsvektors der Luftströmung an einem betrachteten Ort definiert. Die Einheit der Luftgeschwindigkeit beträgt Meter pro Sekunde (m/s).

Turbulenzgrad

Der Turbulenzgrad stellt den Quotienten aus der Standardabweichung der lokalen Luftgeschwindigkeit und mittlerer Luftgeschwindigkeit dar. Der Turbulenzgrad wird prozentual angegeben und ist dimensionslos. Der Turbulenzgrad hat Einfluss auf die Berechnung des Zugluftrisikos.

Lufttemperatur

Die Lufttemperatur entspricht der Trockenkugeltemperatur der Luft, welche den Raumnutzer umgibt. Die Einheit beträgt Grad Celsius (°C).

Mittlere Strahlungstemperatur

Die mittlere Strahlungstemperatur entspricht einer gleichmäßigen Temperatur aller imaginären Flächen, welche zu einer identischen Strahlungswärmebilanz mit einer Person führt, wie sich diese mit den tatsächlich auftretenden Oberflächentemperaturen einstellen würde. Die Einheit beträgt Grad Celsius (°C).

Bekleidung (clo-Wert)

Je nach getragener Bekleidung kann für diese ein Maß für den Wärmedurchgangswiderstand und ein Verdunstungswiderstand (DIN EN ISO 9920) angegeben werden. Im Bereich der Normen wird der etwas irreführende Begriff der Wärmeisolation verwendet, obwohl keine vollständige wärmetechnische Trennung durch die Kleidung erzielt werden kann. Die Einheit des Bekleidungsgrades beträgt "Quadratmeter, Kelvin je Watt" oder „clo“. Es gilt: 1 clo = 0,155 m²K/W.

Metabolische Rate

Die metabolische Rate ist ein Maß für die innere Wärmeproduktion des menschlichen Körpers. Je nach Tätigkeit, Größe, Alter, Gewicht und Geschlecht, kann dieser Wert stark variieren. Büroarbeit mit leichter Handarbeit im Sitzen weist beispielsweise mit ca. 180 W einen niedrigen Energieaufwand auf. Der angegebene Schwankungsbereich beträgt für diese Tätigkeit 125 W bis 235 W. Zur Bestimmung des Energieumsatzes einer beliebigen Tätigkeit können zudem genormte Verfahren herangezogen werden (DIN EN ISO 8996). Die metabolische Rate wird in der Einheit „met“ oder Watt je Quadratmeter angegeben, dabei gilt 1 met = 58,2 W/m².

Gundumsatz

Der Grundumsatz entspricht der Stoffwechselenergie des menschlichen Organismus, welcher sich in einem wachen, ruhenden und kontinuierlichen Zustand bei thermischer Neutralität befindet. Dieser beträgt etwa 115 W für eine durchschnittliche Person (DIN EN ISO 8996).  

PMV: Vorhergesagtes mittleres Votum (Predicted Mean Vote)

Der PMV-Index, stellt die vorhergesagte durchschnittliche Beurteilung einer großen Personengruppe auf einer 7-stufigen Skala für das menschliche Wärmeempfinden dar. Siehe hierzu auch „thermisches Empfinden“.

PPD: Vorhergesagter Anteil an Unzufriedenen (Predicted Percentage of Dissatisfied)

Der PPD-Index entspricht der quantitativen Voraussage der Anzahl von thermisch unzufriedenen Personen, welche die Umgebung als zu kalt oder zu warm empfinden. Der Anteil entspräche all derjenigen imaginären Personen, welche die Umgebung nicht als „etwas warm“, „neutral“ oder „etwas kühl“ bewerten würden.

Zugluftrisiko und „ventilative cooling“

Als Zugluftrisiko wird der Effekt der menschlichen Wahrnehmung beschrieben, wenn durch eine erhöhte Luftgeschwindigkeit eine unbeabsichtigte Steigerung des konvektiven Wärmeübergangs und damit eine Unbehaglichkeit durch Abkühlung resultiert. Die Grenzen für akzeptable Luftgeschwindigkeiten hängen von der mittleren Strahlungstemperatur und der Lufttemperatur ab (DIN EN ISO 7730). Bei Kenntnis der relevanten Umgebungsbedingungen können anhand von Modellen statistische Vorhersagen zum Anteil an Personen getroffen werden, welche sich durch Zugluft beeinträchtigt fühlen.

Mit steigenden Temperaturwerten werden tendenziell höhere Luftgeschwindigkeiten akzeptiert. Das Prinzip kann jedoch auch in warmen Umgebungen zur Behaglichkeitssteigerung genutzt werden, falls keine oder nur eingeschränkte Möglichkeiten der Luftkühlung existieren. Dieses Konzept, auch „ventilative cooling“ genannt, wird im Rahmen des EBC-Annex 62 der Internationalen Energieagentur untersucht.  

Adaptation

Menschen nutzen verschiedene Prozesse, um sich ihrer Umgebung anzupassen. Diese sind zu unterteilen in physiologische, psychologische und verhaltensgesteuerte Methoden. Die physiologischen Prozesse enthalten die Akklimatisierung an eine bestimmte Umgebung durch körpereigene Reaktionen, wie Gefäßerweiterung und Gefäßverengung, aber auch Schwitzen und Kältezittern. Zu den psychologischen Prozessen zählt beispielweise die variable Erwartungshaltung an eine thermische Umgebung. So sind die Anforderungen an die thermischen Umgebungsbedingungen eines voll klimatisierten Gebäudes tendenziell höher als an ein natürlich belüftetes Gebäude. Prozesse, welche das Verhalten betreffen beinhalten unter anderem die Wahl der Bekleidung oder das aktive Öffnen bzw. Schließen von Fenstern (Brager und de Dear 1998; de Dear et al. 2013). 

Thermophysiologisches Modell

Mit thermophysiologischen Modellen wird versucht, den menschlichen Körper und seine Wärmetransport- und Regelmechanismen innerhalb des Körpers als auch mit seiner Umgebung mathematisch abzubilden. Dazu bestehen solche Modelle in der Regel aus einem passiven System mit den physikalischen Eigenschaften des Körpers und einem aktiven System, welches als ein Regelsystem verstanden werden kann. Dieses versucht als Zielgröße die Kerntemperatur des Körpers konstant zu halten. Die Komplexität solcher Modelle reicht von der Abbildung des Körpers als ein zweischichtiger Zylinder bis hin zu einer hochaufgelösten Unterteilung mit über 400.000 Berechnungszellen, welche einzelne Körperteile und deren Bekleidung in eine Vielzahl von Teilberechnungsgebieten auflösen.

Thermophysiologische Modelle können mit statistischen psychologischen Modellen verknüpft werden, welche eine Interpretation der resultierenden Körperkern- und Hauttemperaturen zur Vorhersage des thermischen Empfindens und der thermischen Behaglichkeit zulassen.