Turbulenzgrad als Treiber und Unsicherheitsfaktor des Zugluftrisikos bei instationärer Lüftung

Forschungsstelle: Hermann-Rietschel-Institut, TU Berlin
Projektkennung: HTX0003
Projektlaufzeit: Dezember 2017 bis Juni 2020
Veröffentlichung: Der wissenschaftliche Fachbeitrag „Draught perception in intermittent ventilation at neutral room temperature“ von
Karsten Tawackolian, Eugen Lichtner und Martin Kriegel ist erschienen in Energy and Buildings, Volume 224, 10/2020

Versuchsaufbau (Hermann-Rietschel-Institut, TU Berlin)

Das Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin führte Probandenversuche zur Nutzerakzeptanz instationärer Raumluftströmungen durch. Die Studie wurde in einem bestehenden mit Lüftungstechnik ausgestatteten Prüfstand durchgeführt, in dem die Testpersonen direkt im Zuluftstrom positioniert wurden. Als Zuluftauslässe kamen Filter-Fan-Units zum Einsatz, mit denen Zulufttemperatur, Zuluftgeschwindigkeit und Turbulenzgrad variiert werden konnten. Dabei ergab sich der Turbulenzgrad als Verhältnis aus Standardabweichung und Mittelwert der Luftgeschwindigkeit. Im Rahmen der Probandenstudie wurde untersucht, inwieweit weitere Merkmale der Luftströmung wie Expositionsdauer, Amplitude und Zeitverhalten in die Berechnung des Turbulenzgrads einfließen könnten, um eine adäquatere Ermittlung des Zugluftrisikos und somit der thermischen Behaglichkeit zu ermöglichen.

Bei belüfteten Räumen besteht ein Zugluftrisiko, d. h. ein Teil der Personen empfindet die Luftbewegungen als unangenehm. In neuen Systemen wird die Zuluft nicht nur kontinuierlich, sondern auch intermittierend, d. h. zeitweilig, eingebracht. Im Rahmen dieser Studie wurde untersucht, wie die Berechnungsmethoden für das Zugluftrisiko nach der Norm ISO 7730, welche bisher nur für eine kontinuierliche Lüftung gelten, auf eine intermittierende Belüftung anwendbar sind, insbesondere bei Pulsdauern kleiner als 30 s.

Intermittierenden Belüftung: Auswirkung von Pulsdauer T und Geschwindigkeit u auf das Zugluftrisiko DR im Vergleich zu einer Berechnung nach ISO 7730 (geringer Turbulenzgrad)


37 Probanden wurden einer intermittierenden Lüftung bei neutraler Raumtemperatur (22 °C) ausgesetzt, d.h. die Umgebung wurde weder als warm noch als kalt wahrgenommen. Aufgrund der besonderen Bedeutung von Zuglufterscheinungen bei der Klimatisierung mittels Luftkühlung wurde eine Zulufttemperatur von 19 °C gewählt.  Die Luftzufuhr erfolgte alternierend durch zwei Quellluft-Durchlässe, jeweils zu 50 % der Zeit. Zwei Probanden saßen direkt vor (25 cm) den Durchlässen und somit im Kernbereich eines Freistrahls. Der Freistrahl war dem Rücken des Probanden zugewandt wodurch auch der Nacken, welcher besonders empfindlich für Zugluft ist, exponiert war. In neun Szenarien wurden die Probanden zur Behaglichkeit befragt bei Luftgeschwindigkeiten zwischen 0,2 m/s und 0,6 m/s und Pulsdauern zwischen 10 s und 30 s.


Bei intermittierender Belüftung war die Behaglichkeit schlechter als bei einer stationären Belüftung bei der gleichen maximalen Geschwindigkeit. Das Zugluftrisiko stieg mit zunehmender Luft-Geschwindigkeit und mit zunehmender Pulsdauer. Bei der intermittierenden Belüftung war die mittlere Temperatur 25 cm vor den Durchlässen aufgrund der Durchmischung mit der Umgebungsluft dabei um 0,5 K erhöht.

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